Pressestimmen
Beim Finale stehen 130 Musiker auf der Bühne
Herrenberg: Deutsch-niederländischer Austausch erstreckt sich über fast drei Stunden
Veranstaltung 03.05. 2015, Bericht 04.05. 2015
Zuletzt bleibt kein Fleck unbesetzt auf der Bühne der Herrenberger Stadthalle am Sonntagabend: Die Ensembles der Musikschule Herrenberg begegnen den Ensembles der Musikschule des niederländischen Amstelveen - ein musikalischer Austausch, der sich über fast drei Stunden erstreckt. Beim großen Finale schließlich sind gut 130 Musikschüler auf der Bühne - und ein großer Klang erfüllt die Stadthalle.
Das Treffen beider Musikschulen fand in bisher ungekannten Dimensionen statt. Bei drei Konzerten lösten Ensembles von hier und dort sich mit einem jeweils ganz neuen Programm ab. Das erste dieser Konzerte spielten sie am Sonntagvormittag in Studio der Herrenberger Musikschule, das letzte am Montag, ebenfalls an diesem Ort. Aber das Konzert, zu dem die Ensembles sich am Sonntagabend in der Stadthalle trafen, bildete das Herzstück dieser Begegnung, es wurde zum Konzert mit den meisten Musikern, den meisten Zuhörern und dem längsten Programm unter dem Motto "Herrenberg meets Amstelveen".
Den Vortritt ließen die Herrenberger Musiker in der Stadthalle ihren Gästen: Das Streichorchester Camerata aus Amstelveen unter der Leitung von Wiesje Miedema eröffnete mit einem Concerto des Barockkomponisten Antonio Vivaldi und den "Variationen über ein Thema von Kuhnau" des 1981 verstorbenen Niederländers Henrik Andriessen. Dann trat das Akkordeonorchester Herrenberg auf, geleitet von Dieter Dörrenbächer: Mit Antonin Dvorak und Helmut Quakernack begab es sich ostwärts - slawische Tänze, Balkantänze, ungerade Rhythmen, asymmetrische Betonungen, eigenwillige und mitreißende Melodien. Die Akkordeons verzauberten auf virtuose Weise.
Die Ensembles der Musikschule Amstelveen unternahmen eine weite Reise nach Herrenberg, und sie unternahmen sie, um Eindruck zu hinterlassen - das wurde nun sehr klar, als diese Ensembles sich nach und nach auf der Bühne zusammenschlossen, Stufe um Stufe miteinander verschmolzen. Zunächst spielten das "Volksmuziek Ensemble" Amstelveens und das "Accordeon Ensemble MDA I" das Stück "Pageant", komponiert von dem polnischen Akkordeonisten Janusz Wojtarowicz, dann trat das Accordeon Ensemble gemeinsam mit dem Streichorchester der niederländischen Stadt auf und spielte Astor Piazolla - die Akkordeons eingeschlossen von Streichern, die Musik ein Wogen hin und her zwischen diesen beiden Instrumentengruppen. Der weiche Klang des Streichorchesters umspielt den Klang des Akkordeons, deckt ihn ganz zu, lässt ihn wieder auftauchen, trägt ihn nach oben, die kräftige Melodie bricht hervor. Ruhig und elegisch dann Alexander Borodins "Steppenskizzen aus Asien".
Imposantes Ergebnis
Noch einmal kehrten die Ensembles zurück zu Janusz Wojtarowicz, spielten sein Stück "Proms" - und nun schloss sich auch das "Accordeon Ensemble MDA II" aus Amstelveen an, die Jüngsten kamen mit ihren Instrumenten auf die Bühne. Mit "The Lord of the Dance" schließlich gaben die Gäste aus den Niederlanden ihr eigenes großes Finale in Herrenberg: Unter Leitung von Robert Baas schloss sich dem Streichorchester und den beiden Akkordeon-Ensembles noch das "Volksmuziek Ensemble" Amstelveens an. Alle Musiker, die nach Herrenberg gereist waren, standen auf der Bühne mit imposantem Ergebnis.
Das Jugendsinfonieorchester Herrenbergs hatte für seinen Auftritt Stücke von großer Dynamik ausgewählt. "Die glorreichen Sieben", von Elmer Bernstein komponiert für einen der klassischsten Western (mit Yul Brynner, Steve McQueen, Charles Bronson, Horst Buchholz und James Coburn, Regie: John Sturges, 1960), hat einen harten, dramatischen Puls und Streicher, die die Weite der Prärie ausmalen. Die beiden Großwerke der zeitgenössischen Filmmusik "The Lord of the Rings" und "Fluch der Karibik" stehen für monumentale Spannung. Nach dem Höhenrausch, den die holländischen Gäste ihren Herrenberger Zuhörern zuvor geboten hatten, nahm sich die konzentrierte Darbietung des Jugendsinfonieorchesters allerdings fast schon aus wie ein ruhiges Tal. Um Johannes Brahms Ungarischen Tanz Nr. 5 zu spielen, trafen sich schließlich alle Musiker auf der Bühne - deutsche und niederländische. Nun dirigierte wieder Wiesje Miedema, und zwar mit lebensfrohem Schwung.
Thomas Morawitzky