Pressestimmen

Bittersüßes Vollbad in Liebe und Sehnsucht

Akkordeon-Kammermusik mit Janina Richter (Violine) und Johanna Widmayer (Akkordeon) GB-Foto: Holom

Auf eine Matinee verzichtet man in diesem Jahr, kann man doch die Mitwirkenden des Wettbewerbs allesamt in eine Veranstaltung packen. Es wird ein langer, recht vielversprechender Abend. Vielfalt ist Trumpf. Man schöpft aus dem Vollen der musikalischen Schatzkiste. Die 17-jährige Sopranistin Laura Zinser schlägt in der Rolle der Magd Serpina und deren Arie „Stizzioso“ aus einem Opernintermezzo von Giovanni Battista Pergolesi temperamentvolle, leicht aufbrausende und herrische Töne an. Der Stimmungswechsel folgt auf den Fuß. Mit einer weiteren Opernarie samt Kunstliedern driftet man mit der Sängerin in ein abgrundtief romantisches Fahrwasser ab. Mal lässt einen Laura Zinser erwartungsfroh im siebten Himmel des Verliebtseins schweben, dann zerreißt es einem vor sich verzehrender Sehnsucht und tiefem Trennungsschmerz fast das Herz, bis die Macht der Liebe der eigenen Seele wieder Flügel wachsen lässt. Beethoven, Brahms, Mendelssohn Bartholdy: Das ist ein bittersüßes Vollbad in Liebe, Sehnsucht, Schwärmerei, ein Schwelgen in Gefühlen.

Tragisch und schon einmal todestrunken wird es bei Jacob Rose. Der junge Sänger stürzt einen mit Carl Philipp Emanuel Bachs „Am Bache“ und dem schicksalhaften Todesrauschen von Carl Friedrich Zellers „König in Thule“ in ein empfindsames Tal der Tränen einer für immer verlorenen Liebe. Mit Schuberts „Lindenbaum“ aus der „Winterreise“ wird Jacob Rose zum rastlosen, einsamen Wanderer, dem das Rauschen der Blätter ein Stück Erlösung verheißt. Milde Erhabenheit lässt der Sänger mit Mozarts Arie des Tito walten, während er einen mit Robert Schumanns „Freisinn“ aus dessen Liederzyklus „Myrthen“ voller überschwänglicher Freude in die große, weite Welt aufbrechen lässt.

Mit Janina Richter sowie Johanna Widmayer an Violine und Akkordeon, erliegt man dem verträumten, zarten und melodienseligen Schmelz von Tango-Elegien eines Astor Piazzolla. Dessen Tango Nuevo hat aber auch stolze und feurige Rhythmen zu bieten, was das reizvolle Duo mit einem finalen, chansonesk abgeschmeckten, liebevollen und zupackenden Tango aus Piazzollas Album „Famille d’artistes“ zu Gehör bringt. Ob nun die mehr getragene oder freudigere barocke Tafelmusik eines Georg Philipp Telemanns oder kleine, launige Tanzstückchen des belgischen Komponisten André Waignein: Für Marc Brüge, Josina Fiedler, Joy Hätinger und Felicia Meyer gilt es, in einem Violinensemble melodisch und rhythmisch die ganz eigene Rolle zu finden und sie harmonisch auf die anderen abzustimmen. Ganz unterschiedliche Charakterstücke reicht Josina Fiedler mit ihrer Schwester Joy-Anna Fiedler am Cello an. Vom volkstümlichen Wiegenlied bis zum fingerschnipsenden Jazz-Kabinettstückchen. Für pure Abwechslung sorgen die jungen Flötistinnen Vera Josub und Hannah Burose. Die Beiden spannen in der Musikschule den Bogen von lustvoll prickelnden Renaissance-Klängen über wehmütige und zugleich ausgelassene jiddische Klangfarben bis zu galant trillernden Kontratänzen des Spätbarock.

Groovy, rockig, funky, jazzy und poppig wird es bei den beiden Drum-Sessions, die Antonia Emilia Körber und Florenz Richter hinlegen. In diesen Rhythmusfeuerwerken brodelt die Glut, stieben die Funken, schlagen die Flammen hoch, brennt es mitunter lichterloh.

 

Gäubote 27. Januar 2020            Rüdiger Schwarz

 

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