Pressestimmen

Ein Feuerwerk spritziger Orchestervirtuosität

Das Landesjugendorchester begeistert die Zuhörer in der Stadthalle

Das Landesjugendorchester gastierte im Rahmen einer Konzertwoche in Herrenberg GB-Foto: Bäuerle

Sehr lebensnah und typisch für die pragmatische Art und Weise, mit der der Kulturbetrieb der damaligen Sowjetunion auf das souveräne Können ihrer Kulturschaffenden zurückgreifen konnte, nicht zuletzt aufgrund der damals dortzulande vermittelten mehr als soliden künstlerisch-handwerklichen Ausbildung, im glücklichsten Fall gepaart mit Genie, ist die Entstehungsgeschichte der "Festlichen Ouvertüre", Opus 96 von Dmitri Schostakowitsch. Vielleicht ist dieses Werk eben darum so überaus passend für ein so junges Orchester, denn binnen zweier Tage musste das Stück samt aller Einzelstimmen zur Hauptprobe für die Festmusik zum 37. Jahrestag der russischen Oktoberrevolution im Moskauer Bolschoj-Theater parat liegen. Diese Spontaneität verströmt das Werk. Wird es von einer prägnanten Bläserfanfare eröffnet, entwickelt es sich bald zu einem wahren Feuerwerk spritziger Orchestervirtuosität. Und was den teilweise sehr jungen Musikern hier naturgemäß noch an Präzision und klanglicher Differenziertheit fehlen mag, machen sie durch Engagement und Frische gleich vielfach wett. Nach diesem temperamentvollen Einstieg nimmt sich Wolfgang Amadeus Mozarts Fagott-Konzert in B-Dur KV 191 (186E), für das sich das Orchester ein wenig verkleinert, mit Hanno Dönneweg, dem Solo-Fagottisten des SWR Symphonieorchester, als Solisten, trotz aller kompositorischer Finesse wie ein Ruhepol aus. Schon den ob der Ausnutzung des kompletten Tonumfangs des Instruments über drei Oktaven, schnelle Wechsel zwischen hohen und tiefen Lagen, turbulenten Sechzehntelpassagen und komplizierteren Verzierungen technisch anspruchsvollen ersten Satz "Allegro" nimmt Dönneweg mit Mozart'scher Leichtigkeit, spielt die Kantilenen des zweiten "Andante ma Adagio" gesanglich aus, und der dritte "Rondo.Tempo die Menuetto" gelingt duftig und transparent musiziert. Als Zugabe gibt es eine Bearbeitung der Arie "Solche hergelaufne Laffen" des Osmin aus Wolfgang Amadeus Mozarts Oper "Die Entführung aus dem Serail" für Fagott und Orchester.

Die bis heute beliebteste der insgesamt sieben Sinfonien des finnischen Komponisten Jean Sibelius ist die Sinfonie Nr. 2 in D-Dur, Opus 43. Von seinen Zeitgenossen oftmals im Zusammenhang mit dem Freiheitskampf des finnischen Volkes um die Unabhängigkeit von Russland interpretiert, sah der Komponist selbst sie eher als Auseinandersetzung mit der musikalischen Gattung an sich. Wächst die gesamte Sinfonie gleichsam aus einem erst von den Streichern in den Raum gestellten dreitönigen Motiv heraus, hier von Krämer eher abstrakt formal und ein wenig robust angelegt, entfaltet sich diese thematische Keimzelle über die vier Sätze des Werks, erfährt zahlreiche Abwandlungen bis hin zum furiosen triumphalen Finale, in dem der Himmel aufzureißen scheint, was nun wieder gerne als die Vision der gloriosen Zukunft eines selbstbestimmten finnischen Volkes gedeutet wurde, und was die jungen Musiker mit Elan zelebrieren. Nicht enden wollende stehende Ovationen für das Landesjugendorchester von Baden-Württemberg unter der Leitung von Hannes Krämer in der Herrenberger Stadthalle, für die sich Orchester und Dirigent mit einer Wiederholung der "Festlichen Ouvertüre" von Dmitri Schostakowitsch bedanken.

 

 

Gäubote, 16.04.2018                   Nicola Hollenbach

Zurück