Pressestimmen

Hochkarätige Werke der Kammermusik-Literatur

Herrenberg: Klaviertrio toninton mit Höchstmaß an Lebendigkeit und Ausdruckskraft in der Musikschule

Mit hochkarätigen Werken der Kammermusik-Literatur tritt das Trio toninton im Studio der Musikschule Herrenberg auf. Ein überschaubares, aber anspruchsvolles Programm mit drei Werken unterschiedliche

Ihn eben mit dieser Lebendigkeit zu füllen, stellt der beschwingte erste Satz "Allegro moderato" des Klaviertrios in A-Dur von Joseph Haydn Hob. XV:18 nicht das leichteste Unterfangen dar, verlangen die einfachen, manchmal bis an den Rand der Geduld wiederholten und auskomponierten Motive nach überaus klangfarbenreicher und dynamischer Gestaltung. Die nur scheinbare Simplizität und durchsichtige Kompositionsweise stellt die größte Schwierigkeit überhaupt dar, liegt der auch kleinste Makel gleich bloß, jeder Ton will gestaltet und klanglich geformt sein, in den Streicherstimmen durch Klangqualität und hohe tonliche Flexibilität, dem Flügel gilt es eine Vielzahl an Klangfarben abzutrotzen. Auch im "Andante" wird dem Klavierpart wieder eine besondere Führungsrolle zuteil, sicherlich dem Umstand geschuldet, dass dieses Trio zu einem der Ersten gehört, die der Komponist während seiner Londoner Jahre schrieb und dies ausdrücklich für die größeren und klangvolleren Hammerflügel seiner Zeit. Im heiteren und beweglichen Schlusssatz "Alle gro" mit seinen beinahe neckisch eingestreuten kurzen Vorschlägen zeigt sich das jahrelange aufeinander Eingespieltsein des Trios toninton, fanden sich die Musiker doch schon während ihres Studienganges Kammermusik 2007 an der Hochschule für Musik und Darstellenden Kunst Mannheim, das sie 2009 abschlossen.

Im Klaviertrio-Satz in c-Moll von Edvard Grieg "Andante con moto", an dessen Beginn Violine und Cello mit Akkorden im Streichersatz den Grund für die Vorstellung des Themas durch die Pianistin legen, bleiben die beiden Musiker eher formal als klanglich warm und tragend, und Rita Klose legt in der Klavierstimme ihr besonderes Augenmerk mehr auf die einzelnen Phrasenabschnitte als auf den großen musikalischen Bogen. Auch im weiteren Verlauf tritt der romantische Impuls und Klang zugunsten von Details meist in den Hintergrund.

Dimitri Schostakowitschs 1944 komponiertes Klaviertrio in e-Moll, Opus 67, Nr. 2 breitet einen Fächer sämtlicher Schattierungen aller in Musik fassbarer menschlicher Gefühle und Stimmungen aus, alle Bitterkeit angesichts des Todes von Millionen Menschen während des Zweiten Weltkriegs und der Belagerung seiner Heimatstadt St. Petersburg, damals Leningrad, durch deutsche Truppen, geistige Gängelung im sowjetischen System, der vielen Opfer des Stalinismus und der einzigen Möglichkeit seinem Denken freien Lauf zu lassen, der Musik, wenn dies nicht auch noch misstrauisch von den staatlichen Kontrollorganen beäugt wurde. Auch komponierte er dieses Werk, dessen Farbigkeit generell eine Herausforderung für Instrumentalisten darstellt, unter dem Eindruck des frühen Todes seines Freundes und Förderers Iwan Sollertinski. Wie aus dem Nichts tauchen die ersten Noten eines Trauermarschthemas zu Anfang des ersten Satzes als Flageoletts in der Cello-Stimme mit Dämpfer auf, das Violine und Klavier in Fugenform aufnehmen. Beinahe banale, für Schostakowitschs musikalischen Sarkasmus typische Motive sind hier auf das Kunstvollste verarbeitet und verwoben, dazwischen hebt plötzlich eine fast triviale Melodie an, ein Sinnbild für die Doppelmoral und eine bloße Fassade der gesellschaftlichen Ordnung, der sich der Komponist zeitlebens allenthalben ausgesetzt sah und sich fügen musste, wollte er nicht auch ein Opfer von Säuberungsaktionen werden. Beißende Ironie strahlt der Mittelsatz "Allegro con brio" aus, das Largo wieder Trauer, in der barocken Form der Passacaglia beginnend, die Streicher in das Lamento einstimmend, das Finale dann rasant mit überraschenden Zingharese-Melodien, die zum Ende den Anfangsmotiven in den Streicherstimmen weichen, so dass sich der Kreis schließt.

Für den anhaltenden Beifall ihres dankbaren Publikums im Studio der Musikschule Herrenberg bedanken sich die Musiker mit dem zweiten Satz aus Joseph Haydns "Zigeuner-Trio".

 

                   

Nicola Hollenbach, Gäubote 29. November 2016

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