Pressestimmen
Ihr Herz schlägt für ein und dasselbe
Fünf Violinistinnen im Studio
Ihr Herz schlägt für ein und dasselbe
Wunderbar kontrastierte die etwas zurückhaltende Art von Rebecca Goodmann mit den kapriziösen Einfällen Beethovens in seiner Sonate für Klavier und Violine G-Dur, op. 30 Nr. 3. Begleitet von Nadine Hartung am Klavier, zündete die französische Studentin ganz ohne große Gesten die Raketen-Dreiklänge im ersten Satz, näherte sich dem überschäumenden Humor des Komponisten ganz subtil, um dann im dritten Satz ein stürmisches Finale hinzulegen - ganz ohne fliegendes Haar und zitterndem Bogen, vielmehr mit einem nur angedeuteten, schelmischen Lächeln auf den Lippen.
Ausladende Gesten vollführte hingegen Chiara Stadler - und wurde damit der "Légende" Henry Wieniawskys gerecht, hatte der polnische Geigenvirtuose doch mit diesem Stück die Hand seiner Frau Isabella Hampton gewinnen können. Ausdrucksstark interpretierte die Geigerin, begleitet von Wolfgang Walter, das Bravourstück und steigerte die Intensität in den Doppelgriff-Passagen noch deutlich, ehe es in höchsten Violinklängen und einem harfenähnlichen Pizzicato gipfelte.
Eindrucksvoll geriet auch der erste Satz aus Mozarts Violinkonzert G-Dur KV 216, das die bulgarische Violinistin Martina Dimova, begleitet von Nadine Hartung am Klavier, vortrug. Demnächst wird sie das Meisterwerk beim Südwestrundfunk (SWR) und beim Staatstheater in Karlsruhe vortragen, um so eins der begehrten Praktika zu ergattern, die den Berufsmusikern dereinst den Weg ins Orchester ebnen sollen. In Herrenberg gelang Dimova ein Spannungsaufbau, der den Hörer bis zum Schluss fesselte und ahnen ließ, weshalb Mozart-Biograf Alfred Einstein dieses Konzert als "ein Wunder" bezeichnete. Zwischen Melancholie und sprühender Vitalität hin und her mäanderte Debussys Sonate g-Moll für Violine und Klavier, in die Frederike Gast viel Poesie und etwas Undurchdringliches legte. Ein kleines Schmuckstückchen, das Debussy zu Ehren der Musique française und in Abgrenzung von der deutschen Sonaten-Tradition komponiert hatte.
Nach der Pause widmete sich die brasilianische Geigerin Flavia Martins der Sonate a-Moll für Klavier und Violine op. 105 aus der Feder Robert Schumanns und spielte sich in einen Fiebertraum, wankte zwischen Zuständen der Klarheit und Umnachtung hin und her, auf geradem Wege hinein in Schumanns verstörenden und doch immer betörenden Kosmos. Höhepunkt des Abends war jedoch Brahms' Streichsextett B-Dur op. 18, das den erstklassigen Beiträgen der Violinschüler noch ein Sahnehäubchen obenauf setzte. Martina Dimova und Frederike Gast (Violine), Tabea Haarman-Thiemann und Till Breitkreutz (Bratsche), Alina Stieldorf und Benjamin Kautter (Cello) bereiteten dem Publikum ein Fest der Musik - und der in ihr schimmernden vielfarbigen Facetten des Lebens. Das so eindrückliche Beherrschen eines Instruments, es mag viel Arbeit sein. Doch in den Gesichtern der jungen Musiker war ganz deutlich zu lesen: Es ist noch so viel mehr als nur das. Das Publikum jedenfalls hatten sie überzeugt.
Gäubote 14.05.2019
Nadine Dürr