Pressestimmen
Nur ein Klick bis zur Festlichkeit
Gäubote, 27.12.2021
An so einem Heiligabend wartet mit dem letzten Türchen des Adventskalenders noch was Großes auf einen. Sozusagen die Krönung, das Beste vom Besten. Macht eine Musikschule so einen Adventskalender, dann klingt der. Da stecken Töne drin, unglaublich viele Töne. Bei der Herrenberger Musikschule ist das in diesem Jahr so.
Mal wieder hat man aus der Corona-Not eine Tugend gemacht. Erfahrung mit Streaming-Konzerten hat man mittlerweile ja sammeln können. Beim klingenden Adventskalender ist jetzt das letzte Türchen dran. Es ist mit einem Konzertfilm gefüllt. Wegen steigender Inzidenzzahlen wurde es mit dem traditionellen Adventskonzert in St. Martin nichts. Also tauschte man kurzerhand den Kirchenraum gegen das Studio in der Musikschule aus. Die Ensembles gaben dort ein musikalisches Stelldichein.
Das Ganze wurde aufgenommen, der Film ins Online-Türchen für Heiligabend gepackt. Nur ein kurzer Klick, schon wird’s festlich, feierlich und strahlend. Trompeten erklingen, prachtvoll und majestätisch. Ein Adagio von Josef Erasmus Mateijka als glanzvoller Aufzug. Der Trompeten-Spielkreis lässt eine melodiöse Ode an die Freundschaft folgen, schwelgt in sanft-beschwingten Harmonien. Sven Österberg: Serenade for Friends. Sehr charmant, da wird´s einem schon mal warm ums Herz.
Mit dem Ensemble Wood-Craft, Querflöten, Fagott und Kontrabass, wird es elysisch. Malerische, friedvolle Klänge entführen einen in eine ebensolche Landschaft, ein Reigen glücklicher Seelen umfängt den Wanderer, der sich durch die Unterwelt wagt, die schaurige Höhlengegend hinter sich brachte. Die Musik zur Ballet-Szene aus Christoph Willibald Glucks Oper „Orpheus und Eurydike“ kündigt den Triumph der Liebe über den Tod an. Mit einer Gavotte aus den zwölf Sonaten für Orgel/Cembalo von Giovanni Battista Martini geht’s zum Festbankett, barocker Adel verpflichtet, geschmackvolle Klanggalanterie trifft auf gezügelte lustvolle Affekte. Dank einer „Canción del Amor“ von Tim McCarrick und dem Ensemble Violontissimo gibt’s zum lieblich Zarten noch die feurige Leidenschaft mit zu. Ein Tanz der Liebe zwischen stillem Sehnen und pulsierendem Begehren. Beflügelt von lyrischen und temperamentvollen mexikanischen Folkloreklängen gibt man sich der wahren Liebe hin.
Nicht minder beflügelt der rockige Rhythmus der „Good News“, die das Blockflötenensemble mitgebracht hat. Also raus aus dem Winterblues, den grauen Tag grau sein lassen, einfach mal fröhlich und glücklich sein, den Staub von der Seele gewischt, Trübsal kann man immer noch blasen. Pfiffige, spritzige Rhythmusritte gefällig? Das Querflötenensemble lässt den Zug rollen, pfeifen, dampfen und schnauben. Unter federleichtem Tempo geht es mit Benedikt Bryderns „On the Train“ dahin. Mit dem Percussion-Ensemble nimmt man dagegen den Schlitten, schlägt die ein um andere Rhythmuskapriole. Der Klassiker „Sleigh Ride“ gerät zum funkelnden Klangkaleidoskop und schillerndem Rhythmusfeuerwerk. Keck, funky, jazzig, frisch und verspielt.
Auch dem Young Drummers Ensemble sitzt der rhythmische Schalk im Nacken, dazu noch die rote Zipfelmütze auf dem Haupt. Ein „Jingle Bells“ hüpft peppig swingend aus der rhythmischen Weihnachtswundertüte. Sphärisch, beschwörend und gefühlvoll ist das Akkordeon- und Vokalensemble. Ein Lied über Freiheit, Selbstbestimmung und Lebensglück, genau das braucht es in solchen Zeiten wie diesen wohl mehr denn je. „Gabriellas Song“ – Stefan Nilsson. Poesie, Magie, Fantasie, der Stoff aus dem Märchen sind.
Leise rauscht der Wind durch die Blätter des Waldes, volksliedhafte Klänge regen zu einem Tänzchen an, Zauberwesen schweben durch die Lüfte, stimmungsvolle, verwunschene und verschattete Klänge fluten durch den tiefen, dunklen Sagenwald. Im Stile der Spätromantik geschah dies zum ersten Male fast auf den Tag genau vor fast 130 Jahren auf der Bühne des Weimarer Hoftheaters. Engelbert Humperdinck befreit sich vom Schatten Richard Wagners, mit der Kinderoper „Hänsel und Gretel“ gelingt ihm der große Wurf, ein Kassenschlager ist geboren.
Das Jugend-Sinfonie-Orchester spielt den Stoff, aus dem Komponisten-Träume und Märchen wahr werden. Ein Sieg der Liebe und des Lebens in harten Zeiten. Sich von geheimnisvollen Mächten umfangen und geborgen, anstatt verloren und einsam zu wissen. Ein Quantum Trost, ein Funken Hoffnung, was braucht es schon mehr. Mit dem Vorspiel aus „Hänsel und Gretel“ schließt sich das Türchen des Konzerts zum Jahresende. Geöffnet werden kann es noch bis Sonntag, 9. Januar.
Gäubote, 27.12.2021
Rüdiger Schwarz