Pressestimmen
Sprißler verspricht weitere "Hammer-Momente"
Gut besuchter Neujahrsempfang der Stadt und der Kirchengemeinden in der Stadthalle
Die Kommunikation, den Dialog, die Debatte, das Gespräch untereinander, das Bemühen, sich gegenseitig zu verstehen - das stellte Thomas Sprißler an den Beginn seiner Neujahrsrede. Sprißler warf dabei die Frage auf: "Wie schaffen wir es, dass sich alle an den wichtigen Diskursen, die unsere Stadt prägen und verändern, beteiligen können? Wie erreichen wir die verschiedenen Gruppen, aus denen sich unsere Gesellschaft zusammensetzt? Welche Sprache nutzen wir dafür?" Letztlich: Sprechen die Menschen in der Stadt "die gleiche Sprache?" Sprißler zeigte sich davon überzeugt, dass dies der Fall ist - womit auch die "Spanne zwischen den Generationen wunderbar überwunden werden kann." Als Beispiel dafür nannte er die Jugendbeteiligung, die kontinuierlich junge Leute an die wichtigen Themen heranführe.
Gleichwohl entsteht nach Ansicht Sprißlers hin und wieder der Eindruck, "wir würden doch ein wenig aneinander vorbeireden." So werden getroffene Entscheidungen wieder und wieder infrage gestellt. Trotz Bürgerbeteiligung könnten zudem nicht alle Wünsche erfüllt werden. Sprißler: "Das muss ich in einer Demokratie nun einmal akzeptieren."
Wie Sprißler sagte, bringen sich für das Gemeinwohl in Herrenberg unwahrscheinlich viele Menschen ein, und das auf ganz unterschiedliche Art und Weise. "Das ist im Kern die Mitmachstadt, die wir alle gemeinsam aufgebaut haben. Wir haben eine offene Debattenkultur und eine lebendige Demokratie, eine Bürgerschaft, die Initiative zeigt und vielfältige Meinungen und Positionen vertritt." Bei aller Kontroverse und unterschiedlichen Haltungen in der Sache sei es wichtig, "sich immer wieder an die Spielregeln eines respektvollen Umgangs miteinander zu erinnern". Sprißler erinnerte in diesem Zusammenhang an die Werte, "auf denen unsere Gemeinschaft fußt". Werte wie Respekt und Toleranz. Dabei ist ihm, wie er deutlich machte, eines wichtig: "Trotz aller Technik und Globalisierung ist der persönliche Kontakt durch nichts zu ersetzen. Lassen wir uns davon leiten, ob im persönlichen Gespräch, beim Schreiben auf Papier oder im Internet." Wenn man sich gegenseitig zuhöre und sich ernst nehme "wird häufig schnell klar, dass nicht eine Seite im Recht ist und die andere im Unrecht."
In seiner Neujahrsrede streifte Sprißler auch die Weltpolitik. Denn global betrachtet scheint ihm der Zusammenhalt, den er in Herrenberg so beschwört und spürt, "kein wirkliches Zukunftsmodell mehr zu sein". Sprißler: "Langfristige, stabile Bündnisse brechen auseinander, Staaten drohen sich wieder mit Massenvernichtungswaffen, Populismus und extreme Positionen breiten sich aus, Grundrechte werden ausgehöhlt und internationale Vereinbarungen ausgesetzt." Und das alles in Zeiten, in denen der Klimawandel und andere Krisen "entschlossenes, gemeinsames Handeln verlangen".
Lokal betrachtet stehe man vor der Aufgabe, sich ernsthaft mit komplexen Themen auseinanderzusetzen, die Dinge beim Namen zu nennen "und unserer Verantwortung gerecht zu werden". Das heiße gerade nicht in populistische Parolen abzugleiten, sondern der Polarisierung Gesprächs- und Konfrontationsbereitschaft entgegenzusetzen. Das bedeute echte Dialoge zuzulassen und Debatten sachlich und konkret zu führen. All das, so Sprißler, "sind Stärken, die wir in unserer Mitmachstadt finden und die wir pflegen sollten. Dafür lohnt sich jede Mühe."
Im zweiten Teil seiner Rede stellte Sprißler kommunale Projekte in den Vordergrund - dies in einer Zeit, in der es dem Kreis und der Stadt so gut gehe "wie fast nie" und der städtische Haushalt reichlich Raum für Investitionen lasse. Zum Beispiel für den Ausbau der Kinderbetreuung, deren Bedarf angesichts des Bevölkerungszuwachses und steigender Geburtenzahlen rapid wachse. Wie Sprißler vor diesem Hintergrund zugeben musste, werden Kita-Plätze deshalb an manchen Stellen knapp: "Für eine größere Zahl Kinder haben wir - Stand heute - in diesem Jahr keinen Betreuungsplatz." Deshalb soll ein Kita-Neubau auf dem alten Freibad-Gelände entstehen. Sprißler versicherte den betroffenen Familien jedoch, "dass wir alle Kräfte einsetzen, die Situation schnellstmöglich zu verbessern." Langfristig werde es für die Städte und Kommunen ohne zusätzliche Unterstützung von Bund und Land aber nicht möglich sein, den Bedarf zu decken, weder was die Räume angeht noch das erforderliche Personal. In diesem Sinne appellierte er an die Abgeordneten, "sich für die Familien starkzumachen."
Den Bevölkerungszuwachs spüre Herrenberg aber auch bei den Wohnflächen. Deshalb widmen sich die Verantwortlichen in Rathaus und Gemeinderat der "großen und wichtigen Aufgabe, im Bereich Herrenberg-Süd ein Zuhause für 1400 Menschen entstehen zu lassen". Darüber hinaus will Sprißler 2018 an vielen weiteren Stellen "kräftig anpacken" und die Stadtentwicklung "dynamisch vorantreiben". Auf dem Leibfried-Areal weiche die alte Industrie-Ruine und mache Platz für Neues. "Attraktive, zentrumsnahe Wohnungen, die auch den sozial Schwächeren ein Zuhause bieten, dafür ist der Weg jetzt frei." Der Durchbruch sei hier wie an vielen weiteren Stellen endlich gelungen. Sprißler ließ es sich nicht nehmen, dem Publikum den Vorschlagshammer zu präsentieren, mit dem er zum Auftakt des Bauvorhabens eine Mauer hat einreißen dürfen. Laut Sprißler stehen rund 30 Projekte in den Startlöchern und ließen in Herrenberg eine urbane, kompakte, durchmischte und attraktive neue Innenstadt entstehen. "Ob auf dem Aischbachgelände oder entlang der Achse Bahnhof-Marktplatz: Überall entsteht Neues, das die Stadt gründlich verändern wird." Und das sei selbstverständlich nicht auf die Kernstadt beschränkt, auch in den sieben Stadtteilen gehe die Entwicklung voran. Sprißler zählte weitere "Durchbrüche" auf - das Areal Bahnhofstraße gehe einer Neubebauung entgegen, die wohnungsbaupolitische Strategie befinde sich bereits in der Umsetzung. Sichtbar werde die Umgestaltung der Innenstadt, wenn im Sommer die lang erwarteten Bagger für das Seeländer-Projekt anrollen werden. Zu den wichtigen Vorhaben des neuen Jahres gehört Sprißler zufolge das BayWa-Areal. "Hier direkt am Bahnhof haben wir ein echtes Filetstück, das wir im Frühjahr auf den Markt bringen und in den Wettstreit um die besten Ideen für dieses mögliche Arbeitsquartier mit perfekter Infrastruktur-Anbindung einsteigen." Vorangebracht werden soll das geplante Parkhaus mit Geschäftsräumen in der Hindenburgstraße. Nicht zuletzt verwies Sprißler auf den Architektenwettbewerb für die Seestraße und den Reinhold-Schick-Platz. Trotz der Vielzahl der Projekte gab sich Sprißler ganz zuversichtlich: "Ich verspreche Ihnen: Die Durchbrüche, ja die Hammer-Momente kommen auch hier. Wir sind auf einem sehr guten Weg, die Stadt so zu entwickeln, wie wir uns das alle gemeinsam unter der Vision Herrenberg 2020 vorgestellt haben."
Zuletzt streifte der Rathaus-Chef die sozialen Aufgaben einer Stadt. Dies am Beispiel der Unterbringung und Integration von Migranten. Nachdem am Fichtenberg keine Flüchtlinge, sondern eine Ausbildungsstätte der Polizei Einzug halten werde, "sind wir gefordert, unserer solidarischen Verpflichtung an anderer Stelle nachzukommen und dezentrale Unterkünfte zur Verfügung zu stellen". Sprißler zollte dabei allen in diesem Bereich ehrenamtlich Engagierten großes Lob.
Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung vom Tango-Ensemble der Musikschule Herrenberg unter der Leitung von Waltraud Epple-Holom mit den Stücken Tangissimo von Rainer Oberbeck und dem Balkantanz Nr. 3 von Robert Baas. Dem Empfang in der Stadthalle voraus ging ein ökumenischer Gottesdienst unter dem Motto "lebendig" in der Stiftskirche. Gestaltet wurde er von Pastor Alfred Schwarzwälder von der evangelisch-methodistischen Kirche, dem Dekan des evangelischen Kirchenbezirks Herrenberg, Eberhard Feucht, sowie von Markus Ziegler, Pfarrer der katholischen Gemeinde. Die Kantorei der Stiftskirche brachte dabei drei Stücke aus der Sinfoniekantate "Lobgesang" von Felix Mendelssohn Bartholdy zur Aufführung. Eine Bildergalerie zum Neujahrsempfang und den Begegnungen dort gibt es im Internet auf www.gaeubote.de.
Gäubote, 22.01.2018, Dietmar Denner